HORIZONTAL2
„Der Himmel war hoch und strahlte heiter wie eine über jeden menschlichen Zweifel erhabene Idee. Von der Erde aus betrachtet erscheint der Himmel mitunter als reines Kondensat allen Daseins. Ebenso das Meer. Wenn man tagelang das Meer betrachtet, glaubt man, die Welt sei nichts als Meer.“
aus Hard-Boiled Wonderland und das Ende der Welt von Haruki Murakami
Ein Gefühl der Grenzenlosigkeit findet sich in der Betrachtung des Himmels und des Meeres. Doch dort, wo die beiden Größen aufeinandertreffen, ergibt soch oftmals undeutlich und verschwommen eine feine Linie - der Horizont.Das Wort Horizont lässt sich auf den altgriechischen Begriff ὁρίζω (begrenzen) zurückführen. In seiner Wortbedeutung bezeichnet er einen fixierten Endpunkt. Es ist jedoch keine natürliche Grenze, nichts Manifestes oder gar Allgemeingültiges, vielmehr ein Produkt subjektiver Wahrnehmung. Denn ὁρίζω steht für festsetzen oder definieren. Durch den begrifflichen Ursprung schreibt sich so ein explizit handlungsbezogener Moment in das Wort selbst ein.
In der bildlichen Übertragung, beispielsweise in einem Landschaftsgemälde oder einer Fotografie, wir eine Grenze zwischen diesen zwei Bereichen definiert und darin manifestiert. Es ist ein Übertragunsprozess, in dessen Zentrum der Mensch gerückt ist. Er als Subjekt ist Ausgangspunkt für die Festschreibung des Horizontes, geleitet von einem inneren Bedürfnis nach persönlicher Verortung. Diese Allgemeingültigkeit beanspruchende Linie trennt im Bild ein Oben und Unten, ein Hell und Dunkel, ein Sichtbar und Unsichtbar. Sie suggeriert eine räumliche Grenze, ist aber nur eine von unzählig vielen, möglichen Linien, abhängig vom Standpunkt und der Blickrichtung des Betrachters. Denn selbst wenn dieser weit über dem Meeresspiegel steht - eine eindeutige Grenze für das bloße Auge nicht sichtbar ist - sucht er nach dieser Linie, seinem Orientierungspunkt. Völlig vergessen dabei wird die Tatsache, dass der wahre Horizont unbestimmt bleibt; der Betrachter findet dennoch seinen eigenen.
2016 | Gallerie Kapeller, Steyr (Österreich) |
2015 | Within An Affine Space |
Material
analoge Schwarzweiss Fotografien, UV-Druck auf Aluminium, 56x84cm, 10x15cm
Text
Lukas Engert
Presse
Aushängeschild für die Stadt